Marketing ist für B2B SaaS Unternehmen ist eine echte Herausforderung. Diese Erfahrung habe ich als VP Marketing bei sevDesk selbst gemacht und das bestätigen viele SaaS Unternehmer und Marketing Leaders in meinen Gesprächen.
Ambitionierte Wachstumsziele müssen erreicht, ein Team muss aufgebaut und verschiedenste Kanäle müssen orchestriert und auf Gesamteffizienz ausgesteuert werden. Und ach ja, wir brauchen eine neue Strategie. Denn wir brauchen mehr Wachstum.
Es passiert schnell, dass man vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sieht.
In diesem Artikel möchte ich zusammenfassen, was ich in den letzten 8 Jahren über B2B SaaS Marketing gelernt habe. Ich hoffe, dass meine Learnings für dich nützlich sind.
Los gehts!
Bevor wir in den Artikel starten, hier noch kurz der Link zu der Podcast-Folge, in der ich mit Robin im Digital Kompakt Podcast im Oktober 2021 über SaaS-Marketing gesprochen habe.
Der größte Unterschied von SaaS Marketing im Vergleich zu "normalem" Marketing ist, dass man eine Kundenbeziehung mit wiederkehrenden Umsätzen aufbaut.
Wenn ein Händler eine Maschine verkauft, muss diese Transaktion (im Normalfall) profitabel sein. Das bedeutet: Hat der Händler die Maschine für 50.000€ gekauft, muss er einen Käufer finden der bereit ist, eine Gewinnaufschlag von z.B. 5% zu bezahlen. Der Händler verdient an der Transaktion also einmalig 2.500€.
Das SaaS Geschäftsmodell lebt davon, dass Kunden wiederkehrend, meistens monatlich oder jährlich, einen Betrag bezahlen, um im Gegenzug die Software nutzen zu können. Wird der Vertrag beendet, entfallen weitere Zahlungen für den Kunden, aber auch die Software kann dann nicht mehr genutzt werden.
Anders herum gesagt: So lange der Kunde die Software nutzt, erwirtschaftet das Unternehmen einen wiederkehrenden Umsatz mit diesem Kunden.
Wiederkehrende Umsätze bieten dir als SaaS Unternehmer stabile Umsätze und die Möglichkeit, Wachstum zu planen. Für das Marketing-Team kann man recht genau errechnen, wie viel ein Lead bzw. Neukunde maximal kosten darf. Warum das so ist und wie viel man sinnvollerweise in die Neukundenakquise investieren kann, schauen wir im Abschnitt "Wichtige Kennzahlen" an.
Wenn deine Software kein echtes Problem löst, wirst du keinen Erfolg haben. Es gibt zahlreiche Beispiele von Unternehmen mit Millionen-Funding, die aufgrund eines fehlenden Product-Market-Fits insolvent gingen.
You have to be in a good market with a product that can satisfy that market. - Marc Andreessen
Eine "Build it and they will come"-Mentalität wird nicht funktionieren. Im allerersten Schritt musst du das Problem finden, das es sich zu lösen lohnt.
Ob es sich "lohnt", dass Problem zu lösen hängt im Wesentlichen von zwei Faktoren ab:
Stelle sicher, dass es ausreichend potenzielle Kunden (aka "Größe des Marktes") gibt, die bereit sind für die Lösung dieses Problems einen nennenswerten Betrag (aka "Zahlungsbereitschaft") zu investieren. In einem anderen Beitrag habe ich darüber geschrieben, wie man eine Marktanalyse macht, inkl. Template.
Im nächsten Schritt solltest du folgende Fragen für dich beantworten:
Stell dir vor, du möchtest 100 Millionen Euro ARR Umsatz erreichen. Christoph Janz, Partner bei Point Nine Capital, sieht fünf Wege, wie du das erreichen kannst:
Nicht jedes SaaS Unternehmen muss (oder wird) 100M€ ARR erreichen.
Dieses bekannte Gedankenspiel hilft dir aber bei der Research über deine Zielgruppe einzuordnen, ob dein Geschäftsmodell funktionieren kann.
Wenn du feststellst, dass du ca. 100€ pro Jahr verlangen kannst und dein Markt hat nur ein Potenzial von 50.000, weißt du, dass dein maximales Umsatzpotenzial bei ca. 5M Euro ARR liegt.
Die Entscheidung für eines der fünf genannten Segmente beeinträchtigt maßgeblich deine Go-To-Market Strategie.
Stell dir vor, du möchtest ein Problem für kleine Unternehmen (SMB) lösen, die bereit wären, ca. 1.000€ pro Jahr (ACV) für deine Software zu bezahlen.
Um 10 Millionen Euro ARR zu erreichen brauchst du 10.000 Kunden (10M/1k€ ACV). Bei einer durchschnittlichen Conversion Rate von 25% musst du also 40.000 (10k/25%) potenzielle Käufer zur kostenlosen Testphase bewegen.
Hier lohnt sich bereits ein erster Cross-Check, ob der Markt diese 40.000 potenzielle Kunden überhaupt hergibt.
Ja? Gut, denken wir weiter.
Bei einer monatlichen Churn-Rate von 3% kannst du bei einem ACV von 1.000€ von einem Customer Lifetime Value (CLV) 2.777€ ausgehen.
ACV/12 = ARPA / 3% = 2.777€ CLV
Nehmen wir an, du strebst ein gesundes Verhältnis von Customer Lifetime Value (CLV) und den Customer Acquisition Costs (CAC) von 4x an. Dein maximales Budget für die Akquise pro Neukunde wäre dann 695€.
2.777€ CLV / 4 = 695€ max. CAC
Da wir annehmen, dass nur 25% aller Leads zu zahlenden Kunden konvertieren, sind die maximalen Kosten pro Lead auf 175€ begrenzt.
695€ max. CAC * 25% = 174€ max. Cost per Lead
Das ist der Aufsatzpunkt, von dem aus du nun über deine Go-To-Market und Vertriebs-Strategie nachdenken kannst.
Eine gute Überleitung zum Thema Pricing.
Im SaaS Pricing haben sich drei Varianten etabliert:
Diese drei Strategien sind weit verbreitet. Welche davon zu deinem Unternehmen passt, hängt vor allem von der Komplexität der Software und von der Marktgröße ab. Es gibt einige Unternehmen, die eine Kombination aus den verschiedenen Varianten anbieten, z.B. erhält man eine Free Trial erst, wenn man sich mit einem Sales Mitarbeiter eine Demo angesehen hat.
Wir schaue uns hier die klassischen Preisstrategien an.
Beim Freemium Pricing kann ein Nutzer einen bestimmten Funktionsumfang der Software kostenlos nutzen. Der Funktionsumfang ist meist entweder horizontal (bestimmte Funktionen stehen gar nicht zur Verfügung) oder vertikal (bestimmte tiefergehende Funktionen stehen nicht zur Verfügung) limitiert.
Beispiel: Slack
Vorteile für Unternehmen:
Nachteile für Unternehmen:
Eine weitere Pricing-Variante ist die kostenlose Testphase. Ein potenzieller Kunde meldet sich an und kann die Software dann eine bestimmte Zeit lang testen und entscheiden, ob er ein Abo abschließen möchte.
Die Länge der Testphase variiert. In Deutschland sind 14 bzw. 30 Tage recht verbreitet.
Beispiel: sevDesk
Vorteile für Unternehmen
Nachteile für Unternehmen
Im hochpreisigen Segment sieht man häufiger, dass potenzielle Kunden eine Demo anfragen sollen. Es gibt keine Möglichkeit, die Software vorab anzusehen, ohne Kontakt mit dem Unternehmen aufzunehmen.
Beispiel: Gastromatic
Vorteile für Unternehmen:
Nachteile für Unternehmen:
Du musst wirklich verstehen, was deine Zielgruppe will und braucht und für was diese Unternehmen bereit sind, mehr zu bezahlen. Pricing ist kein Projekt, dass man einmal abhakt und sich dann nicht mehr darum kümmert. Der Markt und die Kunden entwickeln sich ständig weiter. Mache es dir zur Gewohnheit, mit Kunden und Leads zu sprechen, um ihre Bedürfnisse genauestens zu kennen. Dann kannst du deine Pricing-Strategie auf deine Kunden zuschneiden.
Man unterscheidet zwischen Inbound und Outbound Kanälen.
Outbound (auch Push-Marketing oder Interruption-Marketing genannt) ist die klassische Form von Marketing. Du kaufst bezahlte Anzeigen in einem Medium (zB. Instagram, TV,...) und erhältst dafür Reichweite oder kontaktierst Personen ohne deren Zustimmung.
Outbound ist "In your face"-Marketing, um Aufmerksamkeit zu erlangen. Der Nutzer scrollt zum Beispiel gerade durch seinen Instagram Feed und erhält alle paar Beiträge Werbung zu einem Produkt. Gerade für B2B Unternehmen ist der eingekaufte Traffic jedoch häufig (noch) nicht bereit für einen Abschluss. Diese Art des Marketings ist hilfreich, wenn du Bekanntheit erreichen möchtest.
Da du den potentiellen Kunden mit deiner Ad aus seinem Kontext reißt (z.B. Bilder von Freunden auf Instagram ansehen), ist die Kaufintention (noch) recht gering.
Outbound Kanäle:
Mit Inbound Marketing auf der andern Seite "verdient" man sich die Aufmerksamkeit potenzieller Kunden, in dem man für diese Zielgruppe wertvolle Informationen zur Verfügung stellt. Richtig gemacht, wird Inbound Marketing als hilfreich und unterstützend wahrgenommen, was die Einstellung vom potenziellen Kunden dem Unternehmen gegenüber verbessert. Parallel dazu kannst du diese Person Stück für Stück über Inbound Kanäle näher zur Kaufentscheidung führen.
Inbound Kanäle:
Achtung: Ich habe in Gesprächen mit SaaS Unternehmern in letzter Zeit häufig erlebt, dass sie sich ausschließlich auf Paid Ads (Outbound & Inbound) fokussieren. Da es in der aktuellen Marktphase schwieriger ist an Geld zu kommen, mussten einige von diesen Unternehmen ihre Marketing Aktivitäten einstellen. Da sie keine organischen Kanäle (Blog, Podcast, ...) aufgebaut haben, kommen jetzt kaum noch Leads rein. Das kann schnell zu einer Todesspirale führen.
Aus diesem Grund solltest du IMMER darauf achten, dass dein Marketing-Mix aus einem gesunden Verhältnis zwischen organischen und bezahlten Kanälen besteht.
Neben den kanalspezifischen Metriken gibt es eine Reihe an KPIs, die jeder SaaS Marketer kennen sollte.
Was kostet es, einen Lead zu gewinnen?
Formel: CPL = (Werbebudget + Gehälter für Marketing)/Anzahl Leads
Was kostet es, einen neuen Kunden zu gewinnen?
Formel: CAC = (Werbebudget + Gehälter für Marketing)/Anzahl Neukunden
Wie viel Kunden kündigen pro Monat?
Formel: Customer Churn Rate = Anzahl Kündiger im Monat / Gesamtkunden zu Beginn des Monats
Wie viel bezahlt ein Kunde im Durchschnitt pro Monat?
Formel: ARPA = MRR / Anzahl Kunden
Wie viel bezahlt ein Kunde pro Jahr?
Formel: ACV = ARPA x 12
Soll der ACV für einen individuellen Kunden berechnet werden, wird ARPA in der Formel durch den tatsächlichen vom Kunden monatlichen Betrag ersetzt.
Wie hoch ist der monatlich wiederkehrende Umsatz?
Formel: MRR = Anzahl Kunden x ARPA
Wie hoch ist der jährlich wiederkehrende Umsatz?
Formel: ARR = MRR x 12
Wie viel Wert hat ein Kunde über gesamten Zeitraum seiner Vertragslaufzeit?
Formel: CLV = 1/ Churn Rate x ARPA
Wie ist das Verhältnis vom Customer Lifetime Value zu den Akquisitionskosten (CAC)?
Formel: CLV/CAC Ratio = CLV/CAC (Überraschung)
Die Ratio sollte IMMER > 1 sein, da man sonst mehr für die Akquise eines Kunden investiert, als er über die gesamte Lebenszeit einbringt. Ein guter Richtwert ist ein CLV/CAC Ratio > 3.
Hast du das Gefühl, es läuft aber da geht noch mehr? Lass uns gerne sprechen. Wähle einfach einen Termin aus und gebe deine Kontaktdaten an. Im Termin werden wir dann über Optimierungsmöglichkeiten in deinem Funnel sprechen.